„Mama, ich muss mein ganzes Leben noch einmal leben, bevor ich endlich alles darf, was ihr dürft.“ Mein 9-jähriger Sohn kann es nicht erwarten, erwachsen zu werden und die Zeitspanne erscheint ihm wie eine Ewigkeit. Ich beobachte ihn und denke „Noch einmal die Zeit, die wir bisher hatten und dann geht er seinen eigenen Weg.“ Wieder wird mir bewusst, wie kostbar jeder Tag ist, den wir gemeinsam haben.
Jeder Tag ist ein Geschenk
Eine Woche später stehe ich im Junghundekurs vor einer Gruppe mehr oder weniger gestresster Halter. Alle vereint ein Problem: ihr Hund wird gerade erwachsen und nervt gewaltig. Wahlweise pöbelt er oder zieht an der Leine oder ist nicht Herr seiner Hormone und will alles begatten. Die Leute vereint ein Wunsch: möge die Pubertät bald ein Ende haben.
Hat man einen Hund von klein auf, gehört alles dazu: vom süßen und anhänglichen Welpen über den rotzlöffligen Köter, den man am liebsten an der Autobahn anbinden möchte, zum coolen Traumhund, der mit einem durch dick und dünn geht. Zwei bis drei Jahre dauert diese Metamorphose meistens und wie bei Eltern setzt am Ende eine partielle Amnesie ein. Man erinnert sich nur noch an die schönen Momente. Und auch wenn man gerade mittendrin ist und diese Zeit einfach nur irgendwie hinter sich bringen möchten, lohnt es sich, darin etwas Gutes zu sehen.
Teambildung par excellence
Ich weiß, wovon ich rede. Fiete hat mindestens die Hälfte meiner grauen Haare zu verantworten. Geköpfte Spielfiguren, zerfledderte Säcke mit Blumenerde, mehrere geschredderte Fernbedienungen – das ist nur die Spitze des Eisbergs. Gerade, wenn es um die Auseinandersetzungen mit anderen Hunden ging, ist er oft über das Ziel hinausgeschossen. Einmal hat er sich ein Rennen mit einem Rüden geliefert. Beide rasten Kopf an Kopf an einem Zaun hoch und runter. Auf Fietes Seite stand eine Laterne, er rannte ungebremst dagegen. Taumelnd und ziemlich beschämt über den Gesichtsverlust kam er zu mir. Der Maulkorb war verbeult, das Auge zugeschwollen. Der Besuch beim Notdienst hat mich eine dreistellige Summe gekostet. In dem Moment hätte ich ihn schütteln können, aber am Ende hat es uns noch enger zusammen geschweißt. Fiete weiß, wer im Zweifel das Pflaster auf ‘s Aua klebt. Ist doch eine schöne Erkenntnis.
Unsere Hunde werden nicht ewig alt und auf das Erwachsensein zu warten heißt, ein Drittel des Hundelebens mit dem Warten auf Später zu verschenken. In diesem Sinne genieß die Zeit. Nichts ist so teambildend wie die Pubertät.