Einzug eines Straftäters
Der Beagle ist der perfekte Anfängerhund, hört man immer wieder. Nach einem Jahr Beagle-WG bin ich anderer Meinung. Als Beagle Benji bei uns einzog, war er elf Jahre alt und hatte die Vita eines Straftäters. Diverse Halter, diverse Beißvorfälle, von Amtswegen als gefährlich eingestuft und die meiste Zeit in einer Pflegestelle oder dem Tierheim untergebracht. Sicher hätte eine andere Erziehung einiges abgefangen, seine Genetik jedoch hätte es nicht geändert.
Seine Vorstrafen hat er in der Jugend gesammelt. Da lebte er für unsere Gesellschaft zu frei und selbstbestimmt. Das Verhalten hat er dann zu uns mitgebracht, doch seine Persönlichkeit war mehr als das. Es gab auch den Hund hinter dem Beißen: loyal, treu, freundlich, sympathisch, geduldig, der, der ohne Leine lief und nicht jagen ging – ein Traumhund. Nur wenn er einen Plan hatte und man anderer Meinung war, dann wurde er echt ungemütlich: seine Schlafenszeit, sein Sofaplatz, sein Frühstück. In jeder Kleingartensparte wäre er mit dieser Einstellung Vereinsvorsitzender geworden.
Frei und selbstbestimmt
Überhaupt war Freiheit und Selbstbestimmtheit bis an sein Lebensende ein großes Thema. So haben ihn diverse Male die Nachbarn zurückgebracht oder ich habe ihn drei Grundstücke weiter eingesammelt – dick und rund dank Nachbars Kompost. Da lernt man gleich seine Mitmenschen besser kennen. Einmal hab ich ein Loch im Zaun repariert und dachte, jetzt wäre es beaglesicher. Als ich hochguckte, stand er auf der Nachbar-Seite und guckte mir beim Tüddeln zu. Ich meine, ich hab ihn kichern hören.
Er hat Kühlschränke aufgemacht, den Kindern beim Essen die Pizza vom Teller geschnappt, ist in die Futterküche eingebrochen und hat Barf geklaut. Mehr als einmal hat er sich irgendwo überfressen, das ganze später ausgekotzt und dann seine Kotze verteidigt. Unvergessen war auch, als ich ihm in meiner Fürsorge einen Pulli angezogen habe, um seinen Arthrose-geplagte Rücken zu wärmen. Anziehen ging noch, beim Ausziehen brauchte ich Hilfe: einer musste ihn festhalten, sonst hätte er mir die Arme zerhackt. Er hatte einfach keinen Bock auf Strick.
Rassetypisches Verhalten
Unter Umständen hätte es anders laufen können, wenn Benji in seiner Jugend Grenzen erfahren hätte. Trotzdem wäre es nur die halbe Wahrheit, denn ein wesentlicher Teil seines Verhaltens ist über Generationen in den Beagle reingezüchtet und lässt sich nicht wegdiskutieren: die Sturheit, der Freiheitsdrang, das übertriebene Fressen. Als passionierter Meutehund braucht es Eigenständigkeit und Willensstärke. Das muss man als Mensch mögen, also Augen auf beim Beagle-Kauf.
Anfang des Jahres ist Benji gestorben. Er hat eine riesige Lücke in unserer Familie hinterlassen.